Kita-Reform

In der Kinderbetreuung haben wir beim Regierungswechsel 2017 eine Situation vorgefunden, die durch mehrere Probleme gleichzeitig gekennzeichnet war: Die Elternbeiträge waren sehr hoch und gehörten – trotz bzw. wegen jahrzehntelanger, nahezu ununterbrochener SPD-Zuständigkeit für das Sozialressort – zu den höchsten bundesweit. Die finanzielle Belastung für die Kommunen war ebenfalls sehr hoch. Gemeinden, Städte und Kreise hatten mehr als 50% der anfallenden Kinderbetreuungskosten zu tragen, während der Landesanteil nur knapp über 20% lag. Nicht zuletzt forderten Elternvereinigungen, Kita-Betreiber und Gewerkschaften seit vielen Jahren mehr Qualität in der Kitabetreuung, insbesondere durch eine Erhöhung des Fachkräfteschlüssel pro Gruppe von 1,5 auf 2,0.

In der Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP waren wir uns einig, dass alle drei Probleme so gravierend sind, dass wir sie gleichzeitig und gemeinsam angehen müssen. Erschwerend kam dabei hinzu, dass das System der Kita-Finanzierung ein nahezu undurchschaubarer Dschungel aus unterschiedlichen Finanzierungstöpfen und Zuständigkeiten war.

Mit der Kita-Reform haben wir das System der Kita-Finanzierung in Schleswig-Holstein mit dem eingeführten Standard-Qualitäts-Kostenmodell (SQKM) deshalb grundlegend neu geordnet. Die zum 1. Januar 2021 in vollem Umfang in Kraft getretene Kita-Reform ist das größte Einzelvorhaben der Jamaika-Koalition in dieser Legislaturperiode. Im Zeitraum 2018 bis 2022 fließen durch die Kita-Reform und das „Gute-Kita-Gesetz“ des Bundes rund 1 Milliarde Euro zusätzlich in die Finanzierung der Kinderbetreuung, wobei der ganz überwiegende Teil dieser Summe auf zusätzliche Mittel des Landes Schleswig-Holstein entfällt. Die Förderung pro Kind wird so zwischen 2017 und 2022 mehr als verdoppelt.

Mit der Kita-Reform wurden die Elternbeiträge reduziert und auf feste Euro-Beträge pro Betreuungsstunde gedeckelt. Im Ü3-Bereich liegt der Beitragsdeckel seit dem Kita-Jahr 2020/21 bei 226,40 Euro für einen Ganztagsplatz (8 Stunden pro Tag, 5 Tage die Woche). Im U3-Bereich wird der Beitragsdeckel für einen Ganztagsplatz mit Wirkung zum 1. Januar 2022 noch einmal von 288,40 Euro auf 232,- Euro reduziert. Durch den gesetzlich fixierten Beitragsdeckel bleiben die Elternbeiträge bei zukünftigen Kostensteigerungen von Erhöhungen verschont.

Der finanziellen Belastung der Kommunen begegnen wir mit der Kita-Reform, indem ihr Anteil an den Finanzierungskosten mit dem Jahr 2022 auf 37,7% sinkt, während der Landesanteil umgekehrt auf rund 39% steigt. Aufgrund der prozentualen Beteiligung des Landes (im Unterschied zu festen Eurobeträgen in früheren SPD-Regierungszeiten) steigt die absolute Höhe des Landeszuschusses bei zukünftigen Kostensteigerungen automatisch, so dass die Kommunen damit nicht mehr allein gelassen werden.

Zur Verbesserung der Qualität der Kinderbetreuung wird der Fachkräfteschlüssel pro Gruppe von 1,5 auf 2,0 erhöht. Der vor der Kita-Reform ohnehin schon vorhandene Fachkräftemangel bei Erzieherinnen und Erziehern sowie Sozialpädagogischen Assistenten war uns dabei sehr wohl bewusst. Aus diesem Grund können Kitas von einer Übergangsregelung bis Juli 2025 Gebrauch machen, wonach bei Personalmangel der erhöhte Fachkräfteschlüssel nicht umgesetzt werden muss. Die Kita-Reform kann deshalb kein Grund für die Reduzierung von Betreuungszeiten oder gar das Schließen von Gruppen sein.

Um den Fachkräftebedarf der Kitas zu decken ist die Praxisorientierte Ausbildung (PiA) für Kita-Erzieherinnen und Erziehern in dieser Wahlperiode im ganzen Land ausgebaut worden. Außerdem steigt das Land ab dem Kita-Jahr 202/23 in die Finanzierung der PiA-Ausbildungskosten ein: Das Land übernimmt 25% der Ausbildungsvergütung im 1. Lehrjahr und finanziert den Kita-Trägern außerdem eine Anleitungsstunde pro PiA-Kraft und Woche, um die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit der Betreuung der PiA-Kräfte nicht zusätzlich zu belasten. 

Die Erhöhung des Fachkräfteschlüssels ist allerdings nicht die einzige Maßnahme zur Verbesserung der Qualität de Kinderbetreuung. Erstmals werden mit dem Kita-Gesetz Zeiten für die Vor- und Nachbereitung verbindlich festgeschrieben, und zwar mindestens mit 7,8 Stunden pro Woche und Gruppe.  Die Beibehaltung bzw. Einführung von umfangreicheren Vor- und Nachbereitungszeiten bleibt den einzelnen Kita-Trägern damit unbenommen. Ebenso wird erstmals gesetzlich die Freistellung der Kita-Leitungen vom Gruppendienst gesetzlich geregelt. Ab der 5. Gruppe erfolgt eine komplette Leitungsfreistellung in Höhe von 39 Stunden pro Woche, bei einer geringeren Gruppenzahl erfolgt die Leitungsfreistellung anteilig.

Von der Erhöhung des Fachkräfteschlüssels sowie der Regelungen zur Verfügungszeit und zur Leitungsstellung erhoffen wir uns nicht zuletzt auch attraktivere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Kinderbetreuung, wovon wir uns positive Auswirkungen auf die Berufswahl versprechen.  

Mit der Kita-Reform sind zudem weitere Verbesserungen für die Eltern verbunden: Durch das Wunsch- und Wahlrecht können sich Eltern im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten auch für einen Kita-Platz außerhalb ihrer Heimatgemeinde entscheiden. Die planmäßigen Schließzeiten einer Kita sind durch die Vorgaben des Kita-Gesetzes auf maximal 20 Tage im Kalenderjahr begrenzt. Lediglich für kleine Kitas mit bis zu drei Gruppen darf die Schließzeit maximal 30 Tage betragen. Durch diese Regelung wird es den Eltern erleichtert, die Kinderbetreuung während der Ferienzeiten zu organisieren. 

Schließlich haben wir im Rahmen der Kita-Finanzierung aus nicht benötigen Mitteln des Jahres 2021 ein Corona-Aufholprogramm über 20 Millionen Euro aufgelegt.  Damit unterstützten wird die Kitas bei der Förderung von Kindern, die unter der Pandemie besonders zu leiden hatten, z.B. indem zusätzliche logopädische Angebote unterbreitet werden. Ab dem Jahr 2022 werden im Rahmen der Kita-Reform zudem in allen Kreisen und kreisfreien Städten sowie der großen kreisangehörigen Stadt Norderstedt Inklusionszentren eingerichtet, die durchschnittlich mit 8 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Kitas bei Inklusionsarbeit unterstützen. 

Kita-Bau

Der Bau von Kindertagesstätten (KiTas) ist originäre Aufgabe der Gemeinden und Städte. Nach Einführung des Rechtsanspruches auf einen KiTa- bzw. Krippen-Platz durch den Bund argumentierten die Kommunen allerdings nachvollziehbar, dass sich Bund und Land nunmehr auch an den erforderlichen Investitionen beteiligen müssten, um ausreichend KiTa- und Krippen-Plätze zur Verfügung zu stellen. Es war die CDU-geführte Landesregierung unter Peter Harry Carstensen, die den Kommunen deshalb im Jahr 2011 erstmalig 60 Millionen Euro für die Schaffung zusätzlicher KiTa-Plätze zur Verfügung gestellt hat.

Trotz weiterer Zuführungen in den Folgejahren waren diese Mittel im Jahr 2018 weitgehend aufgebraucht. Jamaika hat daraufhin in dieser Wahlperiode weitere Gelder für Kita-Baumaßnahmen zur Verfügung gestellt: Mit dem 2019 aufgelegte Landesinvestitionsprogramm waren es zunächst rund 33 Millionen Euro für KiTa-Neubauten und für Umbauten an bestehenden KiTas. Aus dem erzielten Haushaltsüberschuss 2019 konnten im Jahr 2020 weitere 40 Millionen Euro bereitgestellt werden. Mit dem Haushalt 2022 wurde zudem sichergestellt, dass auch in den Jahren 2023 und 2024 weitere 25 Millionen Euro für Kita-Baumaßnahmen zur Verfügung stehen.

Die Zuwendungen sind in der Richtlinie des Landes Schleswig-Holstein zum Ausbau von Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (Landesinvestitionsprogramm 2019 bis 2024) geregelt. Die Mittel werden an die Kreise und kreisfreie Städte zur eigenen Bewirtschaftung verteilt, d.h. die örtlichen Träger sind die Bewilligungsbehörden in eigener Verantwortung für die konkreten Vorhaben zum Ausbau von Betreuungsplätzen. Zur Verfügung stehenden Mittel werden anschließend vom Land im Verhältnis zur Zahl der Kinder nach der Bevölkerungsstatistik des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe verteilt. Die Verteilung der Mittel an die örtlichen Jugendhilfeträger richtet sich dabei nach „Kindern unter 6 Jahren“.